Ethnische Enklaven werden oft als negativ für die Integration von Einwanderern mit Einheimischen in ihrem neuen Land angesehen. Aber es stellt sich heraus, dass ethnische Gemeinschaften neu angekommenen Flüchtlingen dabei helfen können, Arbeit zu finden, so eine neue Stanford-Studie, die eine Kohorte von Asylbewerbern in der Schweiz analysierte.
Forscher fanden heraus, dass neue Flüchtlinge mit größerer Wahrscheinlichkeit innerhalb ihrer ersten fünf Jahre Arbeit finden, wenn Schweizer Beamte sie in ein Gebiet mit einem größeren ethnischen Netzwerk einweisen. (Bildnachweis: Getty Images)
Forscher des Immigration Policy Lab fanden heraus, dass neue Flüchtlinge in den ersten fünf Jahren eher eine Beschäftigung finden, wenn die Schweizer Behörden ihnen ein Gebiet mit einer größeren Gemeinschaft von Menschen zuweisen, die ihre Nationalität, ethnische Zugehörigkeit oder Sprache teilen.
„Unsere Studie zeigt, dass sich ethnische Netzwerke zumindest in den ersten Jahren nach ihrer Ankunft im Aufnahmeland positiv auf den wirtschaftlichen Status von Flüchtlingen auswirken können“, sagte Jens Hainmueller, Professor für Politikwissenschaft in Stanford und Mitverfasser der Forschungsarbeit, die am 29. Juli in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde. Hainmueller ist auch Co-Direktor des Immigration Policy Lab, das Zweigstellen in Stanford und an der ETH Zürich hat.
Die Studie wurde von Linna Martén, einer Forscherin an der Universität Uppsala, und Dominik Hangartner, einem außerordentlichen Professor für öffentliche Ordnung an der ETH Zürich in der Schweiz und Co-Direktor des Immigration Policy Lab, mitverfasst.
Digging into Swiss records
Die Forscher analysierten Regierungsdaten von 8.590 Asylbewerbern, denen bei ihrer Ankunft in der Schweiz zwischen 2008 und 2013 ein vorübergehender Schutzstatus gewährt wurde. Die Daten enthielten auch fünf Jahre lang Informationen über jeden Flüchtling, einschließlich der Frage, ob sie eine Beschäftigung gefunden haben und in welcher Branche.
In der Schweiz weisen die Einwanderungsbehörden jeden neuen Flüchtling nach dem Zufallsprinzip einem der 26 Kantone des Landes zu, die zu den Mitgliedstaaten gehören. Die Präferenzen der Flüchtlinge werden dabei in der Regel nicht berücksichtigt, es sei denn, sie haben ein Familienmitglied, das bereits in einem bestimmten Kanton lebt. Darüber hinaus dürfen neue Flüchtlinge mit vorübergehendem Schutzstatus innerhalb der ersten fünf Jahre in der Schweiz nicht außerhalb des ihnen zugewiesenen Kantons umziehen, sagte Hainmüller.
Die Analyse der Daten ergab, dass nicht mehr als 40 Prozent der Flüchtlinge während ihres fünften Jahres in der Schweiz einen Arbeitsplatz hatten. Diejenigen Flüchtlinge, die Kantonen mit einem grösseren ethnischen Netzwerk zugewiesen wurden, hatten jedoch eine grössere Wahrscheinlichkeit, eine Arbeit zu finden.
Wurde eine Gruppe neuer Flüchtlinge einem Kanton zugewiesen, in dem ein grosser Anteil von Menschen aus ihrem Land lebte, fanden etwa 20 Prozent dieser Neuankömmlinge innerhalb von drei Jahren eine Arbeit. Wurde dieselbe Gruppe jedoch in einem Gebiet mit einem geringen Anteil von Landsleuten angesiedelt, hatten drei Jahre später nur 14 Prozent der Neuankömmlinge einen Arbeitsplatz.
„Angesichts der Tatsache, dass die Beschäftigung von Flüchtlingen im Allgemeinen sehr gering ist, ist der Anstieg der Beschäftigung ein wichtiger Effekt“, so Hainmüller. „
Informationen zur Asyl- und Flüchtlingspolitik
In den europäischen Ländern betrachten viele Menschen ethnische Enklaven als Ergebnis eines Versagens bei der Integration von Einwanderern und Einheimischen. Aber diese negativen Wahrnehmungen sind nicht bewiesen, so Hainmueller.
Teilweise haben Beamte in Ländern wie Schweden, Dänemark und der Schweiz aufgrund dieser allgemeinen Besorgnis eine Politik zur Verteilung neu ankommender Flüchtlinge entwickelt, um die Bildung ethnischer Enklaven zu vermeiden.
„Was diese Forschung nahelegt, ist, dass diese Verteilungspolitik mit einigen Kosten verbunden ist, da die neuen Flüchtlinge nicht von den positiven Auswirkungen ethnischer Netzwerke profitieren“, so Hainmueller. „Das bedeutet nicht, dass diese Politik generell schlecht ist, aber es zeigt, dass es einen potenziellen Vorteil von geografisch konzentrierten ethnischen Netzwerken gibt, den europäische Beamte nicht erfassen.“
In den USA werden Menschen, die im Rahmen des Programms zur Neuansiedlung von Flüchtlingen ankommen, das eine umfassende Überprüfung des Hintergrunds durch das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen umfasst, je nach verfügbarem Platz zugewiesen. Anders als in einigen europäischen Ländern dürfen neue Flüchtlinge nach ihrer ersten Ansiedlung umziehen.
„US-Beamte und die Öffentlichkeit haben eine etwas positivere Sicht auf ethnische Enklaven, weil ethnische Nachbarschaften bei der Gründung dieses Landes entstanden sind“, sagte Hainmueller.
Die neue Studie ist Teil eines größeren Projekts des Immigration Policy Lab, in dem untersucht werden soll, wie sich das Asylverfahren und seine Umsetzung auf die anschließende Integration von Flüchtlingen sowohl in den USA als auch in Europa auswirken, so Hainmueller.
„Wir interessieren uns für viele verschiedene asylpolitische Entscheidungen, z. B. wie Asylbewerber geografisch untergebracht werden und welche Regeln für ihren Zugang zum Arbeitsmarkt gelten“, sagte Hainmueller. „Es gibt viele Regeln, die sich auf Flüchtlinge und Asylbewerber auswirken und die nicht unbedingt auf soliden Fakten beruhen. Unsere Forschungsagenda besteht darin, die Auswirkungen dieser politischen Entscheidungen zu quantifizieren und den Weg zu besser funktionierenden Maßnahmen zu weisen.“