Summary

Der späte Schwangerschaftsabbruch (LTOP) ist definiert als eine Abtreibung, die nach der 24. Schwangerschaftswoche durchgeführt wird, wenn der Fötus vermutlich die Lebensfähigkeit erreicht hat. In Taiwan erlaubt das derzeitige Abtreibungsgesetz, das einen eugenischen Titel trägt, den Spätabbruch aus bestimmten medizinischen Gründen. Allerdings sind die fötalen und mütterlichen Bedingungen, die medizinische Gründe darstellen, nicht geklärt und bleiben rechtlich ungeprüft. Auch in der akademischen Welt Taiwans wird die Abtreibungsfrage trotz gesellschaftlicher Bedenken nicht professionell diskutiert. Mit dem Aufkommen der Technologie zur Erkennung von fötalen Anomalien werden Geburtshelfer jetzt immer häufiger mit akuten Dilemmas in Bezug auf LTOP konfrontiert. Dabei bewegen sie sich oft auf unbekanntem Terrain, da sie keine klinischen Leitlinien von ihren Berufsverbänden oder angeschlossenen Krankenhäusern erhalten. Kürzlich löste eine LTOP in der 35. Schwangerschaftswoche bei einem Fötus mit Down-Syndrom, kompliziert mit Polyhydramnion und Fallot-Tetralogie, ein großes Medienecho aus und erregte viel öffentliche Aufmerksamkeit. Obwohl die klinische Entscheidungsfindung bei Schwangerschaften mit fetalen Anomalien zunehmend ausgewogene Informationen und Abwägungen in Bezug auf medizinische, ethische, rechtliche, psychologische und gesellschaftliche Aspekte erfordert, ist sich die Gesellschaft im Allgemeinen der Komplexität und Verflechtung verschiedener Abtreibungsfragen, insbesondere der LTOP, nicht bewusst. Geburtshelfer befinden sich in der taiwanesischen Gesellschaft, in der Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Frühabtreibungen keine Seltenheit sind, in einer verwundbaren Position. Daher ist eine umfassende und eingehende Betrachtung der Abtreibungsproblematik unter rechtlichen und ethischen Gesichtspunkten für die moderne geburtshilfliche Praxis unerlässlich. Diese Übersicht befasst sich mit den Kernfragen der LTOP, einschließlich der Frage, welche Bedingungen eine „schwerwiegende“ fetale Anomalie darstellen, um eine LTOP zu rechtfertigen, der Häufigkeit von LTOP, der Gesetzgebung in Bezug auf LTOP in westlichen Ländern und der jüngsten Forschung zu ambivalenten fetalen Schmerzen. Außerdem werden Verfahren zur klinischen Entscheidungsfindung vorgestellt, die zum Teil unter der Schirmherrschaft der Ethikkommission eines presbyterianischen Krankenhauses in Taiwan stehen, insbesondere wenn Abtreibungen im dritten Trimester in Betracht gezogen werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.