Der gutartige essentielle Blepharospasmus (BEB) ist eine idiopathische Erkrankung, bei der es zu fortschreitenden unwillkürlichen Spasmen des Orbicularis oculi und der oberen Gesichtsmuskeln kommt, die zum Schließen der Augenlider führen. Der BEB ist eine bilaterale Erkrankung und eine Form der fokalen Dystonie (wiederholte, unwillkürliche, anhaltende Muskelkontraktion), die durch eine episodische Kontraktion der Protraktormuskeln (Orbicularis oculi, Procerus und Corrugator superciliaris) gekennzeichnet ist und nicht mit einer anderen Erkrankung einhergeht. Ein schwerer Blepharospasmus kann den Patienten vorübergehend funktionell erblinden lassen. Der Blepharospasmus kann durch Faktoren wie Lesen, helles Licht, Autofahren oder Stress ausgelöst und durch Sprechen, Entspannung oder Gehen gelindert werden.

BEB sollte von Blepharospasmus unterschieden werden, der als Teil einer bestimmten Erkrankung (sekundärer Blepharospasmus) auftreten kann, wie z. B.:-

Meige-Syndrom: Das Meige-Syndrom ist gekennzeichnet durch Blepharospasmus mit Beteiligung der unteren Gesichts- und Nackenmuskulatur.

Breughel-Syndrom: Das Breughel-Syndrom (oromandibuläre Dystonie) ist eine Assoziation von Blepharospasmus mit schwerer Beteiligung der Unterkiefer- und Halsmuskulatur.

Extrapyramidale Störungen: Systemische Erkrankungen wie extrapyramidale Störungen können mit Blepharospasmus einhergehen.

Reflex-Blepharospasmus: Reflex-Blepharospasmus kann sekundär zu einer Reizung der Augenoberfläche auftreten.

Symptome

Benigner essentieller Blepharospasmus kann folgende Symptome aufweisen:-

Symptome, die der Diagnose vorausgehen, sind:-

  • Tränen der Augen.
  • Lichtunverträglichkeit.
  • Vage Augenschmerzen.

Frühsymptome des Blepharospasmus sind:-

  • Erhöhte Blinzelrate.
  • Augenlidkrämpfe.
  • Augenreizung.
  • Midfacialer oder unterer Gesichtsspasmus.
  • Brauenkrampf.
  • Eyelid-Tic (habituelle krampfartige Muskelkontraktion)

Ursachen

Die genaue Ursache des gutartigen essentiellen Blepharospasmus ist nicht bekannt.

Einiges deutet auf eine Funktionsstörung in den Basalganglien hin.

Selten spielt in einigen Fällen die Genetik eine Rolle. Einige Patienten mit Blepharospasmus haben mindestens einen Verwandten ersten Grades mit einer Form der fokalen Dystonie. In seltenen Fällen kann die Krankheit autosomal-dominant vererbt werden.

Risikofaktoren:

  • Es gibt verschiedene Risikofaktoren für Blepharospasmus, z. B.:
  • Verletzung von Kopf oder Gesicht.
  • Reflex-Blepharospasmus kann durch fadenförmige Keratitis, intraokulare Entzündung, stark trockene Augen, Blepharitis oder Lichtempfindlichkeit ausgelöst werden.
  • Stress.
  • Dystonie oder Tremor in der Familienanamnese.

Blepharospasmus kann mit der Einnahme von Medikamenten in Verbindung gebracht werden, wie zum Beispiel:-

  • Benzodiazepine: Längerer Gebrauch oder akuter Entzug von Benzodiazepinen.
  • Dopaminergika: Verwendung von dopaminergen Arzneimitteln z.B. bei Patienten mit Parkinson-Krankheit.
  • Antihistaminika: Verwendung von Antihistaminika wie z. B. abschwellende Nasentropfen.
  • Sympathomimetika.

Komorbide Zustände:

Zustände, die zusammen mit BEB auftreten können, sind:-

  • Trockene Augen.
  • Einige Patienten haben Blepharitis und Keratokonjunktivitis.
  • Andere neurologische Störungen:-
  • Parkinson-Krankheit.
  • Parkinson plus Syndrome z.z. B. supranukleäre Lähmung und kortikobasale Degeneration.
  • Huntington-Krankheit
  • Zerebrale Diplegie.

Beim normalen Blinzeln erfolgt der Lidschluss durch die Aktivität und gleichzeitige Hemmung von zwei Muskelgruppen, den Lidhebern und den freiwilligen Lidrückern (z. B. Levator palpebrae superioris, M. frontalis). Während des normalen Blinzelns arbeiten Protraktoren und Retraktoren zu unterschiedlichen Zeiten, so dass bei Aktivierung der Protraktorenmuskeln eine Hemmung der Retraktoren erfolgt. Beim Blepharospasmus geht diese Hemmung zwischen Protraktoren und Retraktoren verloren.

Diagnose

Die Diagnose von BEB wird klinisch gestellt (auf der Grundlage von Anamnese und körperlicher Untersuchung) und ist eine Ausschlussdiagnose, bei der das Vorhandensein von Begleiterkrankungen ausgeschlossen wird.

Klinische Merkmale:

Benigner essentieller Blepharospasmus:

Zu Beginn des BEB kommt es zu einer erhöhten Blinzelhäufigkeit, die durch Reize wie Wind, Sonnenlicht, Lärm, Luftverschmutzung, Lesen, Fernsehen, Stress oder Augen- oder Kopfbewegungen ausgelöst wird. Die Patienten können sensorische Tricks („geste antagoniste“) entwickeln, um die Symptome zu lindern, wie z. B. Tics und Bewegungen anderer Muskeln, die vom Gesichtsnerv innerviert werden, z. B. Pfeifen, Husten, Essen, Zähneknirschen, Gähnen oder Kaugummikauen.

Der Augenlidspasmus, ein charakteristisches Merkmal des Blepharospasmus, setzt einige Monate bis Jahre nach den ersten Anzeichen ein. Der Blepharospasmus ist zu Beginn einseitig, entwickelt sich aber in der Regel zu einem bilateralen Zustand. Der Blepharospasmus dauert in der Regel Minuten bis Stunden an. Der Blepharospasmus hat einen variablen Verlauf und kann intermittierend oder kontinuierlich auftreten. Bei den meisten Patienten schreitet er langsam voran.

Übermäßiges Blinzeln kann zu einseitigen, leichten Zuckungen führen, aber auch zu bilateralen, häufigen und heftigen Krämpfen. Bei schweren Episoden ist der Patient nicht in der Lage, die Augenlider zu öffnen, was mit starken Schmerzen und funktioneller Blindheit verbunden sein kann und die täglichen Aktivitäten beeinträchtigen kann. Ein schwerer Blepharospasmus kann ein hohes Maß an Leidensdruck und psychosozialer Beeinträchtigung verursachen, was zu Angst, Depression, Vermeidung sozialer Kontakte und beruflichen Problemen führt. Der Blepharospasmus nimmt ab, wenn man sich auf eine bestimmte Aufgabe konzentriert oder während des Schlafs.

Blepharospasmus kann mit Apraxie (Verlust der Fähigkeit, eine Aktivität auszuführen) beim Öffnen der Augenlider einhergehen, d. h. mit einer Hemmung der ordnungsgemäßen Funktion des Musculus levator palpebrae superioris. Apraxie ist besonders häufig bei parkinsonschen Störungen.

Sekundärer Blepharospasmus:

  • Meige-Syndrom: Das Meige-Syndrom kann mit einem Grimassieren des Gesichts aufgrund einer Gesichtsdystonie einhergehen.
  • Breughel-Syndrom: Das Breughel-Syndrom ist eine Dystonie des motorischen Trigeminusnervs, die einen weit geöffneten Mund verursacht. Es besteht eine paroxysmale Hyperpnoe (erhöhte Atemtiefe) und ein aufwärts gerichteter Nystagmus.
  • Extrapyramidale Störungen: Patienten mit extrapyramidalen Störungen können andere abnorme Bewegungen wie Tics oder Zahnradsteifigkeit des Halses und der Extremitäten zeigen.
  • Reflexblepharospasmus: Reflexblepharospasmus kann aufgrund von trockenen Augen oder Augenreizungen durch Licht auftreten.

Bedingungen, die Blepharospasmus lindern:

Dazu gehören:-

  • Schlaf.
  • Entspannung.
  • Inferiorer Blick.
  • Künstliche Tränen.
  • Ziehen der Augenlider.
  • Reden.
  • Singen.
  • Summen.
  • Kreuzworträtsel lösen.
  • Mathematik machen.
  • Rätsel lösen.

Anatomische Veränderungen, die mit einem lang anhaltenden Blepharospasmus einhergehen, können sein:

  • Ptosis (Herabhängen des oberen Augenlids im Verhältnis zum Augapfel): Eine Ptosis des Oberlids kann aufgrund einer Dämpfung und Disinsertion der Aponeurose des Levator palpebrae superioris (breite, blattartige Sehne) auftreten.
  • Augenbrauen-Ptosis (Herabhängen): Augenbrauen-Ptose kann aus einer geschwächten Faszienunterstützung resultieren, die durch lang anhaltende Spasmen verursacht wird und zu einer Dehnung der Faszien führt.
  • Dermatochalasis: Dermatochalasis ist definiert als Hautüberschuss im Augenlid und wird durch Dehnung der Haut aufgrund eines Blepharospasmus verursacht.
  • Hautexkoriation: Die Hautexkoriation wird durch manuelle Versuche des Patienten, die Augenlider zu öffnen, hervorgerufen.
  • Entropium: Blepharospasmus kann zu spastischem Entropium führen.
  • Anomalien der Canthalsehne: Eine Dehnung der medialen und lateralen Canthal-Sehnen kann zu einer horizontalen Lidlaxität führen und somit ein Entropium oder Ektropium der Unterlider verursachen. Die Dehnung kann auch zu Lidspalten führen.
  • Phimose (kurz und eng) der Lidspalte (Öffnung zwischen den Augenlidern): Ein Bepharospasmus kann zu einer Phimose der Lidspalte führen.

Der Bepharospasmus ist zu unterscheiden von Erkrankungen wie:

  • Okuläre Myokymie: Die Augenmyokymie ist gekennzeichnet durch spontane, feine faszikuläre Kontraktionen des Musculus orbicularis oculi ohne Muskelschwäche oder Atrophie. Die Augenlidmyokymie ist typischerweise einseitig und betrifft häufig die unteren Augenlider.
  • Sekundär zu meningealer Reizung.
  • Faziale Tics oder Tourette-Syndrom: Faziale Tics sind sich wiederholende stereotype Bewegungen oder Vokalisationen wie Blinzeln, Schniefen, Gesichtsbewegungen oder Anspannen der Bauchmuskeln.
  • Hemifaziale Spasmen (Kontraktion einer Gesichtshälfte): Sie beginnen in der Regel als Faszikulationen der periokulären Orbicularis und der umgebenden Muskeln, die sich auf die unteren Gesichtsmuskeln ausweiten, die vom Nervus facialis innerviert werden. Die Krämpfe sind myoklonisch, unwillkürlich, verschlimmern sich durch Stress und können auch im Schlaf anhalten. Hemifazialer Spasmus kann zu Gesichtsschwäche führen.

Management

Die Behandlung sollte unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.

Zurzeit gibt es keine Heilung für BEB und die Krankheit schreitet trotz Behandlung häufig fort.

Allgemeine Maßnahmen:

  • Sonnenbrille: Das Tragen einer getönten Sonnenbrille mit Ultraviolettschutz kann helfen, die schmerzhafte Lichtempfindlichkeit bei denjenigen zu verringern, die eine signifikante Lichtempfindlichkeit aufweisen.
  • Lidhygiene: Lidhygiene kann Augenreizungen verringern. Bei denjenigen, die an Blepharitis leiden, tritt ebenfalls eine Verbesserung ein.
  • Künstliche Tränen: Die Anwendung von künstlichen Tränen und Pünktchenverschluss zur Linderung von trockenen Augen kann den Blepharospasmus verbessern.

Medizinische Therapie:

  • Botulinum-A-Toxin: Subkutanes Botulinum-A-Toxin, das entlang des oberen und unteren Augenlids und der Augenbraue injiziert wird, bringt vorübergehend Linderung. Das Toxin stört die Freisetzung des Transmitters Acetylcholin aus den Nervenenden und bewirkt eine Lähmung des injizierten Muskels. Botulinum-A-Toxin wird aus anaeroben, gram-positiven Bakterien namens Clostridium botulinum gewonnen.

Chirurgische Behandlung:

Die chirurgische Behandlung von BEB ist in der Regel Patienten vorbehalten, die nicht auf Botulinum-Injektionen ansprechen oder diese nicht vertragen.

Chirurgie kann sein:

  • Myektomie: Die Myektomie beinhaltet die Entfernung des Musculus protractor orbicularis oculi.
  • Erweiterte Myektomie: Die erweiterte Myektomie beinhaltet die Entfernung des Musculus protractor orbicularis oculi, des Procerus und des Corrugator supercilliaris.

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